Barrierefreie Kommunikation in Zeiten von Corona
Hier der Inhalt des DGS-Videos als Text zum Nachlesen:
Barrierefreie Kommunikation in Zeiten von Corona – oder die Frage, wer informiert hier eigentlich wen. Beginnen wollen wir den Beitrag mit einem kurzen Überblick über die Entstehung und aktuelle Entwicklung der barrierefreien Berichterstattung über das Corona-Virus am Beispiel der Deutschen Gebärdensprache. Die Bundesfachstelle Barrierefreiheit begleitet und unterstützt die Bundesbehörden in diesen Zeiten und gibt ihr Fachwissen und ihre Kompetenzen gerne weiter, vermittelt Ansprechpartner und verbindet Netzwerkpartner.
Während im Bundestag am 25.3.2020 die Sitzung zur aktuellen Lage bezüglich der Corona-Krise in Deutschland im Parlamentsfernsehen (https://www.bundestag.de/gebaerdensprache) mit Gebärdensprachdolmetscher/-in übersetzt wird, läuft parallel im Fernsehen auf Phoenix die inzwischen täglich in Gebärdensprache übersetzte Pressekonferenz des Robert-Koch-Instituts zu den aktuellen Zahlen der Corona-Krise. Im Bundesgesundheitsministerium werden immer mehr aktuelle Inhalte in Gebärdensprachvideos veröffentlicht (https://www.bundesgesundheitsministerium.de/coronavirus.html#c17621) und Pressekonferenzen finden zunehmend mit Gebärdensprachdolmetscher/-in statt. Am vergangenen Wochenende veranstaltete die Bundesregierung einen Hackathon gegen das Corona-Virus und eines der Themen war eine Plattform für barrierefreie Informationen: https://devpost.com/software/covid-19-infoportal
Die Ansprachen der Kanzlerin werden inzwischen in Gebärdensprache gesendet, und hinter den Kulissen arbeitet man im Kanzleramt und im Bundespresseamt bereits an einer Umsetzung das ganze live und in Echtzeit zu tun, so wie es viele andere Regierungen auf der Welt bereits ganz selbstverständlich machen.
Erfolgreich wurde die Gebärdensprache ebenfalls in den Pressekonferenzen der Bundespressekonferenz etabliert: https://www.bundespressekonferenz.de/.
Es ist sicher noch nicht alles perfekt und alle Beteiligten müssen sich an die neue Form der barrierefreien Kommunikation noch gewöhnen, aber sie findet permanent statt und wird immer mehr zum Bestandteil der täglichen Berichterstattung. Im Hintergrund wirbeln Verbände wie der Deutsche Gehörlosenbund (http://www.gehoerlosen-bund.de/coronavirus), der inzwischen vom MDR als Quelle für gebärdensprachliche Informationen verlinkt wird: https://www.mdr.de/barrierefreiheit/mdr-barrierefreiheit-coronavirus-infos-100.html. Zahlreiche Aktivistinnen und Aktivisten, Professorinnen und Professoren von Hochschulen und Interessierte diskutieren in den sozialen Netzwerken wie Twitter über die Umsetzung, Gestaltung und Angebote in Deutscher Gebärdensprache.
Anfang März gab es all diese Diskussionen noch nicht. Es gab so gut wie gar keine barrierefreien Informationen zum Thema Corona. In krisenhaften Zeiten offenbaren sich unzulängliche Strukturen und fehlerhaftes Verhalten allerdings besonders. Dies haben alle Beteiligten erkannt und die Wichtigkeit des Themas barrierefreie Kommunikation erkannt. Gesundheitsminister Jens Spahn wird in der Bundestagsdebatte gefragt, weshalb das Bundesgesundheitsministerium keine Inhalte in Deutscher Gebärdensprache bereitstellt. Einer ähnlichen Frage musste sich Regierungssprecher Steffen Seibert in der Bundespressekonferenz stellen. Die positive Entwicklung wurde bereits beschrieben.
Inzwischen werden Qualitätsstandards gefordert, die eine hochwertige qualitative Übertragung gewährleisten. Diese Standards werden erarbeitet und hoffentlich auch schnell umgesetzt.
Die Bundesfachstelle Barrierefreiheit begleitet dieses Verfahren ganz aktiv. Neben einer Handreichung für Behörden unterstützen wir eine weitreichende Umsetzung der barrierefreien Kommunikation in allen Bereichen. Beispielhaft seien Banken genannt, die gehörlosen Unternehmerinnen und Unternehmern, Selbstständigen oder anderen Empfängerinnen und Empfängern von Unterstützungsleistungen ebenfalls barrierefreie Informationen zur Verfügung stellen sollten. Aber etwa auch gehörlose Mieterinnen und Mieter müssen wissen, dass sie bei ausbleibenden Mietzahlungen ihre Wohnungen nicht verlieren werden. Ob Sozialversicherungsträger oder Stadtoberhäupter: Alle sind gefordert und sollten weitreichend informieren. Der gesamte Gesundheitssektor stellt eine weitere riesige Herausforderung dar. Gehörlose Patientinnen und Patienten, die jetzt nur ohne Gebärdensprachdolmetscher/-in zum Arzt gehen können, könnten per Ferndolmetschung unterstützt werden. Eine barrierefreie Kommunikation informiert, schützt die Bürgerinnen und Bürger und rettet womöglich Leben. In diesen Zeiten will die Bundesfachstelle Barrierefreiheit darauf hinwirken, dass kein Mensch vergessen wird.
Weitere Infos unter: www.bundesfachstelle-barrierefreiheit.de