Behindertenbeauftragte fordern barrierefreie Medien / „Mainzer Erklärung“ verabschiedet
Datum 10.12.2020
Die Beauftragten von Bund und Ländern für Menschen mit Behinderungen haben in ihrer Konferenz am 26. und 27. November einen Forderungskatalog zur barrierefreien Gestaltung von Medien erstellt und in der sogenannten „Mainzer Erklärung“ veröffentlicht. In der gleichen Woche ging das neue Portal www.barrierefreie-medien.info online, das über barrierefreie TV-Programme informiert und über das Zuschauerinnen und Zuschauer Beschwerden einreichen können.
„Alle Inhalte im Fernsehen laufen mit Untertiteln, Nachrichtensendungen werden in Gebärden- und Leichter Sprache angeboten, die sozialen Medien bieten inklusive und barrierefrei Inhalte“ – das ist die Vision, die die Beauftragten von Bund und Ländern für Menschen mit Behinderungen zum Abschluss ihrer 60. Konferenz äußerten.
Mainzer Erklärung fordert besseren Zugang zu Medien
Zwei Tage diskutierten die Beauftragten mit Vertretern von u. a. ZDF, Apple, der Landesregierung Rheinland-Pfalz und Menschenrechtsorganisationen. Themen waren auch der Medienstaatsvertrag, barrierefreie Angebote im Rundfunk sowie Inklusion bei neuen Medienformaten. Im Mittelpunkt stand die Verabschiedung der sogenannten „Mainzer Erklärung“. Darin wird fordern die Behindertenbeauftragten den besseren Zugang zu und die stärkere Beteiligung von Menschen mit Behinderungen an und in Medien. Die Erklärung enthält auch ein 10-Punkte-Programm für barrierefreie und inklusive Medien.
Medienstaatsvertrag soll mehr Barrierefreiheit beinhalten
Neben den bereits aufgenommenen Regelungen zur Barrierefreiheit im Ende des vergangenen Jahres verabschiedeten Medienstaatsvertrag werde in einer Arbeitsgruppe unter Beteiligung der Behindertenverbände an weitergehenden Regelungen gearbeitet, die in Kürze zur öffentlichen Anhörung gestellt würden, berichteten die Beauftragten in einer Pressemitteilung.
European Accessibility Act
Der European Accessibility Act (EAA) war ebenfalls Thema der Konferenz, denn darin geht es um die Verpflichtung privater Anbieter zur Barrierefreiheit, zum Beispiel von Streamingdiensten, aber auch um barrierefreies Online-Shopping.
Jürgen Dusel, Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen:
Es muss allen klar sein, dass Barrierefreiheit ein Qualitätsmerkmal für eine moderne Gesellschaft ist. Ich fordere daher die Bundesregierung auf, den EAA in einem starken Gesetz umzusetzen, um nicht eine große Chance im Hinblick auf unsere Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit zu vertun. So ist die Verpflichtung der Privatwirtschaft in anderen Ländern selbstverständlich, das sollten wir uns zum Vorbild nehmen. Denn wenn wir im Bereich barrierefreie Medien nicht aufholen und den EAA nur halbherzig umsetzen, droht, dass wir wertvolles Potenzial vergeuden.
Der rheinland-pfälzische Landesbeauftragte für die Belange behinderter Menschen Matthias Rösch ergänzte:
Menschen mit Behinderungen profitieren oft von den digitalen Neuerungen. Gleichzeitig entstehen aber neue digitale Barrieren. Deshalb müssen wirksame Maßnahmen im Medienstaatsvertrag unter aktiver Beteiligung der Verbände der Menschen mit Behinderungen ergänzt und der EAA für barrierefreie Dienstleistungen und Produkte umfassend in nationales Recht umgesetzt werden.
Neues Portal barrierefreie-medien.info
Am 24. November wurde von den Landesmedienanstalten die neue Website www.barrierefreie-medien.info veröffentlicht. Dies ist die neu eingerichtete Zentrale Anlaufstelle für barrierefreie Angebote (ZABA). Interessierte finden auf der Website Informationen über barrierefreie Medien. Außerdem können Nutzerinnen und Nutzer sich dort über vorhandene Barrieren in Medien beschweren – erstmals gibt es eine solche zentrale Anlaufstelle. Die Medien, die dort in der Datenbank zu finden sind, sind alle öffentlich-rechtlichen Medienangebote sowie alle privaten Rundfunk- und audiovisuellen Medienanbieter in Deutschland, deren Angebote der Regulierung durch die Landesmedienanstalten nach dem Medienstaatsvertrag unterliegen. Die Datenbank von ZABA wird laufend aktualisiert. Zum Start enthielt die Website 942 Medienanbieter, vorwiegend Fernseh- und Radiosender, aber auch Online-Angebote.
Das Verfahren des Barrieremeldens ist hier übrigens ähnlich wie bei dem in der EU-Richtlinie für Websites und mobile Anwendungen geforderte Feedback-Mechanismus, den öffentliche Stellen auf ihren Websites und Apps seit September 2020 veröffentlicht haben müssen. Auch hier gibt es häufig einen Link am Fußende der Website mit der Bezeichnung „Barriere melden“.
Umsetzung der AVMD-Richtlinie
Das Portal www.barrierefreie-medien.info setzt die Forderung des Artikel 7 Absatz 4 der EU-Richtlinie für Audiovisuelle Mediendienste (AVMD-Richtlinie) um. Dieser sieht die Einrichtung einer zentralen Online-Anlaufstelle vor, über die Informationen zur Barrierefreiheit bereitgestellt und Beschwerden entgegengenommen werden. Die Rundfunkkommission hatte mit Beschluss vom 13. Mai 2020 ARD, ZDF, Deutschlandradio, Deutsche Welle und die Landesmedienanstalten gebeten, sich gemeinsam über die Gründung und den Betrieb einer entsprechenden Stelle zu verständigen, die sich auf alle öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunk- und audiovisuellen Medienanbieter bezieht.